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Michael Baigent u. Richard Leigh

Verschlusssache Jesus

Die Qumranrollen und die Wahrheit über das frühe Christentum

1947 entdeckte man am Toten Meer Schriftrollen die unter der Bezeichnung „Qumranrollen“ in die Geschichte eingegangen sind. Die Theologen hatten stürmische Erwartungen in der Auswertung der Schriftrollen gesetzt. Man erhoffte sich, die Rollen würden alles preisgeben, was in ihnen steckte und was die christliche Lehre betrifft. Doch schon 1954 waren die Enttäuschungen anzumerken. Hatte man doch den Rollen einen Durchschlaggebenden Effekt eingeräumt. Die unauflösbare Verstrickung von Geschichte und Theologie gehört zum Wesen des christlichen Glaubens. Umsomehr hatte man nun Erwartungen geknüpft, sich bestätigt zu sehen. Der Versuch, die Geschichte und die Theologie zu trennen, den historischen Jesus vom Christus des Glauben zu schneiden, gerät man in den Wirrwarr von Widersprüchen, in den alle sich verstricken, die sich mit biblischem Material abgeben, und wie alle Forscher von Anfang an, macht die Arbeit einem ganz konfus. Zur Erhellung der Forschung können die Berichte der Heiligen Schrift kaum etwas beitragen. Wie alle Fachleute zugeben, sind die Evangelien als historische Dokumente und Beweise unzulässig. Man muss sagen, alles bezieht und beschränkt sich auf Paulus. 

Die Entdeckung der Rollen wird dem Hirtenjungen Muhammed adh-Dhib, zugeschrieben. Nach seiner Aussage kletterte der Junge auf der Suche nach einen verlorenen Schaf in einer Höhle. In der Höhle befanden sich etliche Tongefäße die zum Teil zerbrochen waren. Einige der Tongefäße waren mit großen, „schüsselartigen“ Deckeln verschlossen. Die Rollen waren in verrottetes Leinen eingewickelt. Als schließlich die eigentlichen archäologische Arbeiten begangen, fand sich im übrigen eine Menge von Tonscherben und Bruchstücke von denen man ausgehen kann, dass es sich um mindestens vierzig Gefäßen gehandelt haben muss. Wie viele von diesen Gefäßen bei ihrer Entdeckung Schriftrollen enthielten und wie viele es waren, lässt sich nicht mehr feststellen. Genauso wenig kann man sagen, wie viele Rollen aus der Höhle mitgenommen, versteckt, zerstört oder für andere Zwecke benutzt wurden, bevor ihre Bedeutung bekannt wurde, bleibt ebenfalls ein Geheimnis. Wir haben in Erfahrung bringen können, dass auf jeden Fall mehr Rollen aus der Höhle entfernt worden sind, als später noch ans Licht gekommen sind. Insgesamt gelangten schließlich sieben vollständige Rollen und Bruchstücke von einundzwanzig weitere an die Öffentlichkeit.

Ab hier werden die Berichte äußert widersprüchlich. Die Beduinen sollen es einem Scheich in der Umgebung die Rollen gebracht haben, dieser soll sie dann an einen Trödelhändler, einen gewissen Khalil Iskander Schahin. Er soll ein Christ gewesen sein und gehörte der syrischen Jakobitenkirche an. Die Rollen wanderten zu verschieden Plätzen, bevor sie ihr endgültiges Ziel erreichen. Ein paar mal gingen Leute in die Höhle um nach weiteren Rollen zu suchen. Da ihre Arbeit illegal war, nahmen gingen sie nachts in die Höhle. Als nach einem Jahr die erste offizielle Forschergruppe begann die Höhle in Augenschein zu nehmen, mussten sie feststellen das zuvor andere Höhlenbesucher kräftig gewüstet haben. So war sogar ein Teil des Felsabhanges vollständig abgetragen worden. 

Einige Rollen gelangten ins Kloster St. Markus. Später wurden sie zum Patriarchen der syrischen Jakobitenkirche in Homs nördlich von Damaskus gebracht. Bei einen der Rollen waren guterhaltene Kopietexte des Buches Jesaia aus dem Alten Testament. Diese Rolle hat eine Länge von etwa acht Metern. Die anderen Rollen enthielten „apokryhe Genesis“ einen Kommentar des „Buches Habakuk“ und die sogenannten Gemeinderegeln. 

Andere Rollen tauchten bei einem ägyptischen Händler auf, der sie einen CIA Agenten - der im zweiten Weltkrieg im Nahen Osten tätig war – an, mit dem Versprechen Fotos von den Schriftrollen anfertigen zu wollen. Bei diesen Texten soll es sich um Ausschnitte aus dem „Buche Daniel“ des AT gehandelt haben. Die Funde seien Teilweise in hebräischer und aramäischer Sprache abgefasst worden. In ihrer plumptaften Art und Weise, legte der Agent die Rollen zum Fotografieren auf ein flaches Dach, wobei der Wind einen Teil auf die Straße runterwehte und nicht mehr zu finden war. Was aus den Fotos und den Schriftrollen wurde, ist bis heute nicht bekannt. Der ägyptische Händler war nicht mehr zu finden. Die Vorhersehung meint es gut und so wurden fünf Jahre später in der Höhle weitere Fragmente einer Rolle mit einem Text aus dem Buch Daniel in Qumran gefunden. 

Am 29. November 1947 erwarb der Professor Sukenik, der Leiter der archäologischen Abteilung der Hebräischen Universität in Bethlehem von einem Antiquitätenhändler drei Rollen, die dem Metropoliten entgangen waren. Die Rollen des Metropoliten wurden in die USA gebracht und lagerten eine Zeitlang im Keller der New Yorker Bank.

1952 tauchten erneut Schriftrollen auf, und zwar in einer Höhle, zwanzig Meter von den Ruinen der ersten Fundstelle entfernt. 

Am 2. Juli 1954 wurden die Rollen über das israelische Konsulat in Amerika nach Jerusalem einzeln ausgeflogen. So waren nun endlich die vier Rollen des Metropoliten Samuel und die drei von Professor Sukenik erworbenen Schriftrollen nun ganz in Jerusalemer Hand. Zwei Expertengruppen machten sich an zwei verschiedenen Orten daran, die Rollen auszuwerten. Mehrere Fragmente ein und desselben Textes befanden sich in beiden Instituten. 

1967 wurde durch einen langen Verhör der Israeliten von einen Händler weitere Rollen bei ihm zu Hause entdeckt. Dabei handelte es sich um Fundstücke der „Templersekte“. 

Insgesamt waren nun achthundert Schriftrollen gefunden worden. Um mit dieser Unmenge von Material zurechtzukommen, war ein internationales Team von Wissenschaftlern gebildet worden. Ein jeder von ihnen wurde mit dem Studium bestimmter Texte betraut. Leiter des Team war der Katholik Roland de Vaux. Da er in seiner Jugend der Action Francaise angehörte, einer militanten katholischen, nationalistischen Bewegung, die zwischen den Weltkriegen in Frankreich entstanden war und gutheiß und offen mit den Diktaturen sympathisierte, sah man in ihm keinen Unparteilichen, noch dazu das er Mönch war, für diese brisante religiöse Auswertung der Rollen, an. Im Rockerfeller-Museum in Jerusalem, dessen Präsident er war, wurden die Funde ausgewertet. 
 

Die Qumrantexte lassen sich in zwei Kategorien unterteilen: 

Einmal gibt es ein Corpus früher Kopien von biblischen Texten mit leicht variierenden Lesarten. Diese werden als „biblisches Material“ bezeichnet; zum andern gibt es ein Corpus nicht biblischen Materials, das größtenteils aus bisher unbekannten Dokumenten besteht, das sogenannte „Sektenmaterial“. Das „biblische“ Material enthüllt nichts neues und bringt nichts widersprüchliches. Es handelt sich lediglich um Kopien des Alten Testamentes und bringt im Vergleich mit der heutigen Ausgabe nur geringfügige Abweichungen. 
Dagegen enthält das „Sektenmaterial“ höchst aufschlussreiche Texte. Diese Texte – Regeln, Rituale, Bibelkommentare, theologische, astrologische und messianische Abhandlungen – stehen in Beziehung zur „Sekte“ von Qumran und ihren Lehren. Die Bezeichnung „Sektenmaterial“ ist eigentlich eine Irreführung. Es wird allgemein angenommen das es sich um nur um die sogenannten „Essener“ handelt, in Wirklichkeit besteht jedoch sehr viel Zusammenhang mit der jüdischen Lehre. 


Der amerikanische Literatur- und Kulturkritiker Edmund Wilson machte durch seine Kontroverse über die Qumranfunde aufmerksam. Er krititsierte schon Anfang 1955 das bei einem Teil der „Experten“ die Tendenz bestand, den Inhalt der Qumranrollen vom direkten Bezug sowohl zum Judentum als auch zum Christentum fernzuhalten. Wilson wies auf die unübersehbaren Gemeinsamkeiten in den Textaussagen mit dem rabbinischen Judaismus des ersten nachchristlichen Jahrhunderts und mit den Anfängen des Christentums hin, bemerkte jedoch gleichzeitig eine starke „Hemmung“ bei den jüdischen und christlichen Wissenschaftlern, diese so offensichtliche Verbindung herzustellen.
 

Auszug aus seiner Krititk:

Man wartet darauf, dass diese Frage diskutiert werden. Statt dessen drängt sich die Frage auf, ob die Wissenschaftler, die an der Rollen arbeiten – und von denen so viele einem christlichen Orden angehören oder rabbinisch geschult sind -, aufgrund ihrer religiösen Bekenntnisse nicht eine gewisse Scheu verspüren, solche Fragen anzugehen... man spürt eine gewisse Nervosität, ein Widerstreben, den Gegenstand mutig anzupacken und aus historischer Perspektive zu betrachten. 


Der Professor Davies für biblische Studien an der Universität Sheffield und Autor zweier Bücher über das Material von Qumran, wies darauf hin, dass die meisten an den Rollen arbeitenden Wissenschaftler christlich orientiert waren und ihr primärer Bezugspunkt das NT ist. Er sagte, er kenne etliche, deren Forschung manchmal ernsthaft in Konflikt mit ihrem leidenschaftlich verteidigten persönlichen Glauben gerate, so dass man sich in solchen Fällen fragen müsse, ob hier Objektivität überhaupt möglich sei. Also diktiere die christliche Lehre, was damit zu geschehen habe. Der israelische Professor Schemariahu Talmon, eine Kapazität unter den Bibelforschern, stellte lakonisch fest: „Die Rollen sind ein Lehen“ und die Wissenschaftler, die sie monopolisierten, sein nichts als „Ränkeschmiede“. 
 

Andre Dupont-Sommer, Professor für semitische Sprachen und Kultur an der Sorbonne, hatte ein Referat veröffentlicht, das eine Sensation auslöste. Er bezog sich darin auf ein der kurz davor übersetzen Qumrantexte. Darin sei, so erklärte er seiner Leserschaft, eine selbsternannte „Sekte des Neuen Bundes“ beschrieben, deren Führer, der als „Lehrer der Gerechtigkeit“ bekannt sei und als Messias gelte, verfolgt, gefoltert und als Märtyrer hingerichtet worden sei. Die Anhänger dieses Lehrer glaubten, das Ende der Welt stehe bevor, und es würden nur jene gerettet, die an ihn glaubten. Und Dupont-Sommer zog, wenn auch vorsichtig, daraus den nahliegenden Schluss, dass der „Lehrer der Gerchtigkeit“ in vieler Hinsicht „einem genauen Prototyp von Jesus entspreche“. Diese Behauptungen lösten stürmische Kontroversen und Proteste aus. Jesu Einzigartigkeit und Originalität waren ins Kreuzfeuer geraten. Das katholische Establishment, besonders in Frankreich und in den Vereinigten Staaten, eröffnete ein regelrechtes Kesseltreiben. Doch war die Saat des Zweifels ausgestreut und bracht mit der Zeit auch Früchte. 

Der Leiter des Teams Pater de Vaux holte 1953 den Wissenschaftler John Marco Allegro in sein Team. Doch wie sich später herausstellte, handelte er nach eigenem Verstand. J. M. Allegro studiere an der Universität Manchester Logik, Griechisch und Hebräisch, ein Jahr später studierte er noch semitische Sprachen. Nebenbei belegte er die Studienfächer Philologie, Entstehung der Sprachen sowie deren Struktur und Entwicklung. J. M. Allegro bezeichnete sich selber als Agnostiker. 1951 machte er mit Auszeichnung seinen BA in Orientalistik und noch im Oktober desselben Jahres begann er seine Dissertation in Oxfort beim renommierten Professor Prof. Godfrey R. Driver. Prof. Driver schlug Allegro seinen Freund de Vaux vor. Allegro bekam das gewichtige Material aus der Höhle 4 zugeteilt. 

Erstmals veröffentlichte Allegro 1956 eine Abhandlung „The Dead Sea Scrolls“ die sehr populär wurde. Ihr folgte 1968 die Ergebnisse seiner Textforschungen und der Abdruck von Fragmenten aus Höhle 4. Nach zwei Jahren verlies er das Team und lege aller Ämter nieder. Was war geschehen? 


Den akademischen Kreisen und den internationalen Beobachtern war schon bald klargeworden, dass Allegro nicht nur der einzige Agnostiker der Gruppe war, sondern auch keine Hemmung hatte, wider gegen seine Kollegen aussagen zu treffen. Unbehindert von religiösen Vorurteilen erklärte er die Dinge so, wie er sie sah, frei heraus. Er hatte kein Verständnis dafür, dass sein Kollegen sich weigerten Theorien oder gar Beweise zu stützen, die der festgelegten „Parteilinie“, was die Ursprünge des Christentums betraf, widersprach. Vor allem regten ihn die ständigen Versuche auf, das Christentum von der in den Texten beschriebenen Gemeinde von Qumran abzugrenzen. Als schließlich Allegro in einem Rundfunkinterview drei kurze Vorträge hielt, läuteten bei den Katholiken die Alarmglocken. Am 30. Jan. 1956 erschien in der New York Times der Titel: „Christliche Grundlagen in den Rollen Entdeckt“

Ausschnitt:

Der Ursprung einiger christlicher Riten und Lehren ist in Dokumenten einer extremistischen jüdischen Sekte wiederzufinden, die schon über hundert Jahre vor der Geburt Jesu Christi existiert hat. Zu diesem Ergebnis kommt John Allegro, einer der sieben Wissenschaftler einer internationalen Gruppe, die die sagenhafte Sammlung der Schriftrollen vom Toten Meere erforscht... John Allegro ... erklärte gestern abend im Rundfunk, historisch hätten das Abendmahl und zumindest Teile des „Vaterunser“ und der Lehren Jesu im Neuen Testament in der Gemeinschaft von Qumran ihren Ursprung. 
Als dann schließlich noch berichte in der „Time Magazine“ ein Artikel „Kreuzigung vor Christus“ auftauchte, schien das Fass voll zu sein. 

Im Rückblick scheint Allegro übersehen zu haben, wie unantastbar die Vorstellung von der „Einzigartigkeit“ Jesu tatsächlich war. Sein Pech war leider auch, dass er hoffte, dass seine Kollegen in Unterstützen würden, und seine Aussagen bestätigen würden. Ihm war wohl nicht bewusst, dass die Geldgeber, die die Forschungen finanzierten, solche Ergebnisse wollten, die ihren Ansichten entsprachen. Außerdem kommt noch hinzu, das er einst über seinen Widersacher Strugnell sagte: „Strugnell brauche sein angestrebtes Amt als Kirchenmann wohl in naher Zukunft nicht mehr antreten, weil es dann wohlmöglich keine Kirche mehr geben wird“. Das heißt aber auch, dass der Text genug Sprengstoff enthielt, was die Kirchenhierarchie in Aufregung versetzen könnte. 

Am 4. März schließlich schickte de Vaux eine Widerlegung von Allegro Ansichten in einen Brief an die Times in London mit der Unterschrift aller Mitglieder der internationalen Gruppe. Erneut wurden Briefe an die Times in London geschickt um die Aussagen Allegro zu wiederlegen. Kurz bevor Allegro aus dem Team ausstieg schrieb er einen Brief an seinen Widersacher Strugnell.

Auszug aus dem Brief:

Sie scheinen immer noch nicht zu begreifen, was Sie angerichtet haben, als Sie den Brief an die Zeitung schrieben, um die Worte ihres eigenen Kollegen in den Dreck zu ziehen. So etwas hat es noch nicht gegeben; es ist ein beispielloser Dolchstoß in den Rücken der Wissenschaft....und als dann auch noch rauskam, dass sie etwas zitierten, was ich gar nie gesagt habe, war der Schluss eindeutig. ...aber anstatt die Argumente in Fachzeitschriften auszudiskutieren, habt ihr es für einfacher gehalten, die öffentliche Meinung mit einem unflätigen Brief an eine Zeitung zu beeinflussen. Und auch noch die Stirn, das als wissenschaftlich auszugeben.


Allegro war der erste und auch einzige im Team, der das komplette, ihm anvertraute Material veröffentlichte. Und er ist es bis heute auch der einzige geblieben. Sein Kollege John Strugnell dagegen hat im Einklang mit der Verzögerungstaktik der Gruppe praktisch nichts von dem bedeutenden Material, das ihm zur Verfügung steht, veröffentlicht. Die einzige Arbeit, die unter seinem Namen, und zwar unter dem Titel „Notes in the Margin“ erschienen ist, ist eine 113 Seite lange Kritik an Allegro. Die Hetze gegen Allegro war aber noch nicht ausgestanden. Im Juni 1956 veröffentliche ein Jesuit in The Irish Digest einen Artikel indem er sich über Allegro und Wilson hermachte mit der abschließenden Bemerkung: Die Rollen fügen unserem Wissen von den Lehren, die unter den Juden, sagen wir, von 200 vor Christi bis zum christlichen Zeitalter kursierten, überraschenderweise kam etwas hinzu. Jesus bedurfte solcher Sekten nicht, um zu wissen, wie ein Messias beschaffen war... So wurde Allegro gar als Antichrist gebrandmarkt. 
 

Das Vorgehen des Teams unter Leitung von Pater de Vaux, würde einen guten Stoff für einen spannenden Krimiroman abgeben.

In der Höhle 3 bei Qumran wurde 1952 Kupferrollen gefunden. Die Kupferrollen lagerten dreieinhalbe Jahre ungeöffnet im Rockefeller-Museum. Einen Jahr vor dem öffentlich ausgetragenen Streit mit seinen Kollegen war Allegro dabei die beiden Fragmente zu entschlüsseln. Dazu mussten aber die Kupferrollen nach Manchester gebracht werden, wo der Professor H. Wright-Baker ein Gerät entwickelt hatte, mit dem sich das dünne Kupfer in Streifen schneiden ließ, wodurch der Text lesbar wurde. 1955 wurde das erste Fragment von Allegro nach Manchester gebracht. Mit dem Schneidegerät wurde die Rolle zerschnitten und Allegro machte sich sofort an die Übersetzung dessen, was man enthüllt hatte. Der Inhalt des Fragmentes war so außergewöhnlich, dass er ihn anfangs vollständig für sich behielt. Er hatte auch allen Grund für die Geheimhaltung. Schließlich wartete er auf das andere Fragment und ein vorzeitiges Veröffentlichen hätte dies wahrscheinlich verhindert. Die Kupferrollen enthielt eine Liste von Verstecken, in denen der Schatz aus dem Tempel von Jerusalem verborgen liegen sollte. 

Das zweite Fragment traf schließlich im Januar 1956 in Manchester ein. Es wurde umgehend von Allegro aufgeschnitten und übersetzt. Danach wurden beide Fragmente samt Übersetzung nach Jerusalem zurückgeschickt. Jetzt begann die Verzögerung der Veröffentlichung, den de Vaux und seine Gruppe beunruhigten drei Dinge. Würde die Kunde veröffentlicht, das in den Fragmenten der Hinweis auf einen versteckten Schatz stand, so würden wohl alle Beduinen die gesamte Wüste nach dem Schatz absuchen. Zum anderen würde sich wohl auch die israelische Regierung einschalten und Anspruch auf dem Schatz erheben, damit würde der Schatz der internationalen Gruppe entrissen. Die wichtigere Besorgnis würde theologische Auswirkung mit sich bringen. 

De Vaux und sein Team hatten sich bis jetzt immer bemüht, die Gemeinschaft von Qumran als isolierte Enklave darzustellen, die keinerlei Beziehung zu den gesellschaftlichen Ereignissen, den politischen Verhältnissen und den entscheidenden geschichtlichen Entwicklungen des ersten Jahrhunderts hatte. Falls nun die die Kupferrolle realistische Angaben über die Orte, an denen der Tempelschatz verborgen lag, machte, konnte man Qumran natürlich nicht mehr so darstellen. In diesem Fall mussten Verbindungen zwischen Qumran und dem Tempel bestanden haben, wo die Fäden aller judäischen Angeleinheiten zusammenliefen. Und somit bestand die Gefahr, das die Anfänge des Christentums in weniger glorreichem Licht erscheinen lassen könnte. Der Schatz kann dann nur mit der Revolte im Jahre 66 n.Chr. in Zusammenhang stehen, ein Tatbestand, der zu noch größere Sorge Anlass gab. Denn dadurch würde die „sichere“ Datierung und chronologische Zuordnung durcheinandergeraten. 

Diese Bedenken zusammengenommen schrien geradezu nach einer Vertuschung der ganzen Angelegenheit. Unter falschen Vorspielung überredete man Allegro die Veröffentlichung hinauszuschieben, dessen Wunsch er auch entsprach. Allegro hatte vor die Kupferrollen in seinen neun Buch zu veröffentlichen, das schon zum Druck vorbereitet war. Schließlich wurde in Abstimmung von Harding mit de Vaux am 1. Juni die Presse informiert, das die in der Kupferrolle aufgelistete Schatz auf keinen Fall mit der Gemeinschaft von Qumran in Verbindung stehe. 

Schockiert von der Vorgehensweise Harding, schrieb Allegro einen Brief. „Mir ist nicht ganz klar, ob dieser unglaubliche Schwindel von überliefert und so, den sie und ihre Kumpels ausgeheckt haben, für die Presse, die Regierung, die Bedus oder für mich bestimmt ist. 

Er teile Harding seine Bedenken mit, „dass der Eindruck entsteht, dass die römisch-katholischen Brüder – die ja die Mehrheit im Team bilden – etwas verbergen zu wollen“. So schrieb er: „Im Laienkreisen glaubt man fest daran, dass die römische Kirche in Gestalt von de Vaux und Co. diese Material unterdrücken will“. Und zu de Vaux selbst bemerkte er: Mir fällt auf, wie sie sorgfältig verschleiert haben, dass es sich bei dem Schatz um Tempeleigentum handelt. 

Nun war ihm klar, dass seine Übersetzung der Kupferrollen nicht veröffentlicht werden. Seine Geduld mit der Forschergruppe erreichte einen Tiefpunkt. Allegro wollte nun sein wartendes Buch in Druck geben, doch man trat weiter mit der „Bitte“ dieses mal als „Drohbitte“. Er brachte das Buch ohne die Erwähnung der Kupferrollen heraus und es wurde ein Beststeller. Die erste Auflage mit 40.000 war innerhalb von siebenzehn Tagen verkauft. Neunzehn mal - mit Verbesserungen - wurde es neu Aufgelegt. De Vaux war mit dem Buch jedoch nicht zufrieden er schickte Allegro eine Kritik in der Stand: „Sie sind nicht mehr fähig, das Christentum in einem objektivem Licht zu sehen“.

Im Sommer 1957 vereinbarte Allegro mit dem BBC eine Sendung über die Rollen. Als im Oktober das Filmteam in Jerusalem ankam, verweigerte de Vaux das Filmteam die Dreharbeiten im Rollensaal und im Museum. Da aber Awni Dajani, der den jordanischen Ministerium angehörte und der Kurator des Rockefeller-Meuseum war eingeschaltet wurde, stellten de Vaux und seine Kollegen an das Filmteam eine Bedingung. „sie sind bereit für Dreharbeiten, aber ohne Allegro. Stattdessen sollten Strugnell oder Milik der Ansprechpartner sein. 

Um eine Einheit unter den Forscherteam zu haben, wurden alsbald alle nichtkatholischen Mitglieder der Gruppe entfernt. Nun mussten die anderen Forscher ihre Berichte erst Strugnell, Milik und Stracky vorlegen bevor er der Öffentlichkeit vorgestellt wurde. Eine gefährliche Situation entwickelte sich, indem die ursprüngliche Vorstellung von einer internationalen, und überkonfessionellen Gruppe von Herausgebern unterlaufen wird. De Vaux und Milik hatten es nun geschafft das sie alleine Entscheiden konnten über was Stillschweigen gewahrt wird und über was nicht. Die internationale Wissenschaftlerküche brodelte unterdessen. Sie warfen nun dem Forscherteam vor: „es finde eine Art Überwachung und Selektion statt“. Man sich ausmalen, was mit einem Fragment geschehnen sein könnte, das im Widerspruch zu den Lehren der Kirche stand. 

Allegro gab aber nicht auf. Er setzte sich nun ein, das Wissenschaftler für ca. sechs Monate in Jerusalem ein Team bilden und sich mit den Fragmenten auseinander zusetzen. So schrieb Allegro:

Auszug:

Ich findet, es sollte zur Regel werden, dass vorläufige Veröffentlichungen, sobald ein Dokument, soweit das möglich ist, zusammengesetzt ist, umgehend herausgebracht werden müssen und dann solche Publikationen regelmäßig in einer Zeitschrift erscheinen zu können. Die Unsitte, die Veröffentlichung von Fragmenten nur deswegen zurückzuhalten, um die „Jungfräulichkeit“ der endgültigen Ausgabe nicht zu beeinträchtigen, erscheint mir höchst unwissenschaftlich, ebenso der Ausschluß kompetenter Wissenschaftler von den Fragmenten. 


Mit diesem Plädoyer wandte sich Allegro in erster Linie an die Wissenschaftlichkeit – für Offenheit, Aufrichtigkeit, Zugänglichkeit, Unparteilichkeit einzusetzen. Und nicht wie im Falle von De Vaux und seinen Leuten sondern wie Allegro es vormacht, keinen Hang zur Heimlichtuerei und Selbstüberschätzung. Allegro Haltung wurde jedoch nicht belohnt oder auch nur zur Kenntnis genommen. Den Film der Ende 1957 ohne Allegro’s Mitwirkung fertiggestellt war, wurde von der BBC erst im Sommer 1959 gesendet, und zwar zu so später Sendezeit, dass man annehmen kann, dass wohl kaum einer zuschaute. 

Allegro schrieb noch vor der Ausstrahlung an den Kuratorleiter des Rockefell-Museum Awni Dajani: 

Sie haben wieder zugeschlagen. Zum fünften Mal hat die BBC die Fernsehsendung über die Schriftrollen abgesetzt. Damit steht es außer Frage, dass de Vaux Clique in London ihren Einfluss nutzt, die Sendung seinem Wunsch gemäß zu Fall zu bringen. De Vaux schreckt vor nichts zurück, um das Rollenmaterial unter seiner persönlichen Kontrolle zu halten. Ich bin überzeugt, dass die Welt es nie erfahren würde, falls etwas entdeckt werden sollte, was sich auf das römisch-katholische Dogma auswirken würde. 


So warb Allegro dafür, die Verstaatlichung des Rockefeller-Museum samt den Rollensaals und der Schriftrollen durch die jordanische Regierung. Erst fünf Jahre später im November 1966 Verstaatlichte die jordanische Regierung das Rockefeller-Museum, doch nun war es für ein Eingreifen zu spät geworden. Denn es brach der Sechs-Tage-Krieg aus und das Rockefeller-Museum ging unter israelischer Kontrolle. Israel jedoch war durch die damalige Lage nicht erpicht darauf sich mit dem Vatikan - wegen einige Fundstücke - in einer Konfrontation einzulassen. Schließlich setzte Allegro noch kurz vor seinem Tod 1988, seine Bemühungen fort, die Öffentlichkeit darauf aufmerksam zu machen, dass die Publikation der Texte in den Schriftrollen weiterhin verschleppt werden. Er bezeichnete die Verzögerungstaktik der Gruppe als „erbärmlich und durch nichts entschuldigen“. 

Mitte der siebziger Jahre begannen die Bibelforscher offen von einem Skandal zu sprechen. Selbst die gefügigsten Wissenschaftler wurden allmählich unruhig. Unter ihnen befand sich Geza Vermes, einer der renommiertesten zeitgenössischen Wissenschaftler für semitische Sprachen. 1977 schrieb er im ersten Kapitel seines Buches über die Schriftrollen.

Nun, da seit der Entdeckung der Schriftrollen vom Qumran schon dreißig Jahre verstrichen sind, hat die Welt ein Recht, die für die Publikation verantwortlichen Autoritäten zu fragen, was sie gegen diesen beklagenswerten Stand der Dinge zu tun gedenken. Denn wenn nicht umgehend drastische Maßnahmen ergriffen werden, verkommt die größte und wichtigste Entdeckung hebräischer un  aramäischer Handschriften wahrscheinlich zum wissenschaftlichen Skandal par excellence des zwanzigsten Jahrhunderts. 

Entsprechend ihren Gepflogenheiten geruhte die internationale Gruppe nicht, dies in irgendeiner Weise offiziell zur Kenntnis zu nehmen. Fast zehn Jahre später, 1985 nämlich forderte Vermes erneut von ihr Rechenschaft, und zwar diesmal im Times Literary Supplement.
 

Auszug:

Vor acht Jahren habe ich diese Situation als einen beklagenswerten Stand der Dinge bezeichnet und davor gewarnt, dass dies zum wissenschaftlichen Skandal par excellence des zwanzigsten Jahrhunderts werden würde, wenn nicht sofort drastische Maßnahmen ergriffen würden. Leider ist nichts geschehen. Statt dessen hat sich der gegenwärtige leitende Herausgeber der Fragmente darauf versteift, jede Kritik an seiner Verschleppungstaktik als ungerecht und unvernünftig zurückzuweisen. 


Fortsetzung folgt inschallah
 

F.F. Bruce
Ausserbiblische Zeugnisse

Messianische Erwartungen in Qumran

Seite 62 ff.

In einen der gefunden Qumranrollen ist folgendes zu entnehmen.

Die Qumrangemeinschaft wurde manchmal als die Gemeinschaft von Aaron un d Israel bezeichnet, weil sowohl Priester (Aaron) wie Laien (Israel) zu ihr gehörten. Der Gesalbte aus Aaron und Israel sollte wahrscheinlich als ein messianischer Hohenpriester und als ein davidischer Massiaskönig (Laienmessias) verstanden werden. Das wird durch die Anweisung der Gemeinderegeln (einer Rolle, die in der Hölle 1 gefunden wurde) gestützt, dass die Mitglieder an ihren Regelungen festhalten sollen, bis dass der Prophet kommt und die Gesalbten Aarons und Israels.

Hier wird auf drei in der Endzeit erwartete Gestalten hingewiesen

1. den Propheten wie Mose, vorausgesagt in 5. Mo 18 Vers 15
2. den Messias aus dem Geschlecht Davids 
3. einen gesalbten Priester
Ist doch interessant?
Der Messias ist Jesus, ist jedem klar.
Der Priester kann demnach nur Johannes der Täufer sein 
Wer ist dann der Prophet der wie Moses sein soll?
Der hl. Geist etwa? Dann hat Gott sich wohl ein Versprecher geleistet. 
Demnach kann es nur Muhammed sein. So wie er im Johannes Evangelium angekündigt wurde. Heute schreibt man an Stelle von Ahmad, der Tröster, der hl. Geist.
Und Gott lässt immer wieder die Wahrheit ans Licht gelangen, auch wenn sie die Wahrheit mit ihren Mündern auslöschen wollen.

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