Mariam,
wie ich zum Islam kam:
Im Rückblick scheint mir alles ganz logisch verlaufen zu sein. Meine Suche nach dem richtigen Weg hat Gott auf Seine Art beantwortet. Meine jetzige Religion ist das Produkt meiner verzweifelten inneren Suche nach Antworten, nach dem Sinn des Lebens, nach dem Ursprung unseres Wesens, nach der Essenz unseres Auftrags. Ich hatte von jeher das Gefühl, wir haben eine Bestimmung, müssen einem Auftrag nachkommen. Doch den dafür einzuschlagenden Weg konnte ich nicht erkennen. Welcher Weg war denn gut für mich, so dass ich meinen Auftrag gottgefällig erfüllen konnte? Wie genau sieht eigentlich dieser Auftrag aus? Was soll ich tun, damit Gott mit mir zufrieden ist? Mein Charakter, da hatte ich nie Zweifel, ist mir von Gott gegeben (wie allen Menschen), aber auch die hinderlichen Seiten an mir, die zweifeln, die negieren, die mich in die Irre leiten wollen (jetzt weiß ich es ist das Nafs, jene Ich-Triebe, die anfällig sind für die Einflüsterungen unseres Feindes Schaitan, die uns an der Nase herumführen und uns zum Schlechten verleiten wollen). Dieses mein stets hinterfragendes, philosophierendes Wesen gab mir seit frühester Jugend viele Fragen ein über mich, die Welt, das Leben, Gott. Eins war mir aber (Gott sei gedankt dafür) in die Wiege gelegt worden. Mein Glaube an Gott, den Einzigen. Wie mir jetzt klar wird, hat er mir die richtigen Leute zur richtigen Zeit (die ich nicht immer als richtig empfand, da sich manche Strecken meiner Suche doch sehr ausdehnten und mich verwirrten) mit dem richtigen Gedankengut geschickt (das ich natürlich erst erkennen musste, denn keinem Menschen fliegt etwas zu. Die Suche nach der Wahrhaftigkeit ist stets eine aktive und selten nur eine passiv empfangende). Es geht mir hier darum, zu beschreiben, wie ich die Essenz meines Lebens fand. Und diese Essenz ist die innerste Überzeugung, die unser Denken, Fühlen und Handeln beeinflusst und unser Leben steuern kann und soll. Es ist unsere Religion. Religion meint, wie wir innerlich gestimmt sind, woraufhin wir zusteuern wollen. Nicht bezüglich weltlicher Emotionen, die kommen und gehen, sondern in Hinblick auf Gott. Was wir zu erstreben erhoffen, wohin es uns zieht, was wir erkennen und erreichen wollen, wenn wir uns einmal entschieden haben, den Weg zu gehen, der gut ist für uns, den Gott uns zu gehen auferlegt hat (durch alle Hindernisse, Schwierigkeiten, Zweifel). Um es genau zu sagen empfinde ich es heute im Rückblick gesehen so, als hätte nicht nur ich einen Weg gesucht (durch meine innere Gestimmtheit), sondern im gleichen Maß hat meine Religion mich gesucht und gefunden. Meine innere Stimme war bis dahin (bis zu meinem 26.Lebensjahr, das war 1999) zwar stets aktiv und ließ mich nach meinem Weg suchen, aber so richtig wusste ich nicht, was ich suchte. ***** ***** ***** ***** ***** Diese Suche hat in meiner Kindheit angefangen, natürlich noch eher unbewusst. Als Kind trifft man noch wenige folgenschwere, das Leben beeinflussende Entscheidungen, aber man hat schon eine innere Stimme und hört zuweilen auch auf sie. Und mein Glaube an Gott war schon damals ausgeprägt. Es verging selten ein Tag, an dem ich nicht zufällig oder bewusst an Gott dachte und Zwiegespräche hielt. Durch eine für mich bestimmte Person wurde dieser Glaube damals geformt und gefestigt. Ich weiß, Gott hat mir meine Omi zum Geschenk gemacht, worüber ich mehr als nur dankbar bin. Diese gütige, warmherzige, liebevolle und verständnisvolle Frau ist so ziemlich der gläubigste Mensch, der mir begegnet ist, sogar bis jetzt. Sie war Katholikin und zwar nicht nur dem Namen nach. Ich empfand sie stets als mit Gott verbunden, in Gedanken, in ihrem Herzen und ihren Taten. Sie war gelebte Mitmenschlichkeit, gelebte Liebe. Oft selbstlos und gütig und niemals berechnend. Mit ihr führte ich regelmäßig stundenlange Gespräche über Gott, die Menschen, das Leben, das Leid, das Lieben, unseren Sinn in dieser Welt, das Woher und Wohin, das Warum und Wofür. Ich sagte manchmal zu ihr, sie sei ein Engel und in der Tat war sie das für mich, sie gab mir Halt, lehrte mich vieles über Religion, kannte meine Neigungen zum Zweifeln, half mir in meiner Suche und war für mich die beste Stütze, die man sich denken konnte. Ein Vorbild und ein lebendiges Beispiel für gelebte Religion. Entsprechend dunkel wurde dann mein Leben, als sie starb. Mein Halt war verloren, es gab keine Antworten mehr, ich blieb mit meinen Fragen alleine. Sie war bis dahin der einzige Mensch, mit dem ich sinnvoll über Religion, Gott und den Sinn unseres Daseins diskutieren konnte. Nun brauchte ich neuen Halt. Das war eine harte Zeit damals, die mir sehr viel Irrungen und Leid einbrachte. Ich hatte nicht nur mit meiner großen Trauer zu kämpfen, sondern auch mit meinen quälerischen Selbstzweifeln, meinen Zukunftsängsten und der Sinnleere, die nun mein Leben beherrschte. ***** ***** ***** ***** ***** Ich begann verzweifelt ein neues Leitbild zu suchen. Leider wurde diese Suche zum Irrläufer und ich schlug einige Wege ein, die mich täuschten und enttäuschten. Nicht nur, dass mich diverse Krankheiten (unter anderem Essstörungen mit Gewichtsverlusten, schlechter Haut, schlechter Verdauung und gewaltigen Depressionen) behinderten, ich war buchstäblich auf dem Holzweg. Meine Suche brachte mich einmal zur Esoterik, ein andermal zum Buddhismus, ein nächstes Mal an den Rand einer Sekte. Überall wollte ich dazugehören, vieles begeisterte mich, aber es schien doch nicht das richtige zu sein. Und meine Verzweiflung wuchs. Ein falsches Vorbild, das ich zu dieser Zeit gerade hatte, stärkte zwar mein Selbstvertrauen ein wenig, aber der Preis, den ich bezahlte, war zu hoch. Es grenzte fast an Selbstaufgabe. Ich kopierte dieses Vorbild, versuchte zu sein wie dieser Mensch, seine Freiheitsauffassung, seine Gelassenheit gegenüber Problemen, seine fast schon stoische Ruhe, all dies bewunderte ich und sah nicht, dass dieser Mensch eigentlich ein Gottvergessener ist. Denn jetzt weiß ich, dass er die Dinge so gelassen gesehen hat, weil er sich keiner höheren Macht gegenüber verpflichtet sah. Gott lässt ihn gewähren bis er mit ihm abrechnen wird. Ich tappte also weiterhin im Dunkeln. Doch meine innere Stimme erwachte wieder als ich meine Zelte in einer neuen Stadt im Osten weit weg von der Heimat aufschlug (natürlich beeinflusst von meinem damaligen großen Vorbild. Aber auch ein falsches Vorbild kann den uns gedachten richtigen Weg nicht verhindern und ihn vielleicht wie in meinem Fall, sogar fördern, zumindest als Katalysator für die richtige Entwicklung wirken). Und hier traf ich auf andere Fremde, denn als Fremde habe ich mich mein Leben lang gefühlt. ***** ***** ***** ***** ***** Ich machte Bekanntschaft mit ausländischer, insbesondere der arabischen Mentalität. Ihr soziales Miteinander und das Nichtvorhandensein deutscher Eiseskälte und Gleichgültigkeit anderen Menschen gegenüber beeindruckte mich zutiefst. Zu anfangs war nicht die Rede von Religion, aber Gott schickte mir den zweiten wichtigen Menschen in meinem Leben wieder einmal zur rechten Zeit, damit meine zerstreute Seele nicht verloren gehen sollte. Von dieser muslimischen Freundin, die sie für mich wurde, erfuhr ich so nach und nach ein bisschen mehr über den Islam. Dieses Wort, das mir bevor ich die Religion richtig kannte, so befremdlich und beängstigend vorkam, bekam für mich eine ganz neue Bedeutung. Diese Religion, die mich erschrak als ich sie noch nicht kannte, bekam ein völlig überraschendes neues Gesicht für mich. Nämlich ein vertrautes, ein schon bekanntes, ein gegenwärtiges. Alles, was mir meine Bekannte (und später Freundin) erzählte, war mir so tief vertraut, dass ich mich wunderte, das gleiche zu fühlen wie sie mit ihrer „fremden" Religion. Meine innere Stimme sagte mir, Mensch, das ist aber 100% genau das, wovon du überzeugt bist. Natürlich in abgewandelter äußerer Form, aber die Essenz blieb die gleiche. Ein Gott, der sich mehrere Propheten offenbarte (worunter auch mein bis dato so verehrter Jesus war – den ich heute natürlich immer noch als einen bedeutenden Propheten und Menschen schätze) über den Auftrag der Menschen. Nämlich, dass wir hier sind um die Prüfungen zu bestehen. Gott testet uns, ob wir uns für ihn oder gegen ihn entscheiden. Wir sind frei in unseren Entscheidungen, aber Gott weiß sie bereits. Er lenkt, was uns passiert und passieren wird, je nachdem wonach wir streben. Will unsere innere Stimme sich zu Gott wenden und nach seinem Wohlgefallen streben, so gibt er uns entsprechende Gelegenheiten, unseren Wunsch zu beweisen und zu erfüllen. Dies also ist eine der Säulen des Islam, dies ist also, was ich bereits schon immer im Herzen trug. Nun, folglich konnte ich mich gar nicht dagegen auflehnen, denn es war ja seit ehedem meine Überzeugung. Wenn dies so war, dann war ich bereits Muslima ohne es zu wissen. Es war kein Übertreten, kein Annehmen von etwas Fremden. Es war eher ein Wachsen, Reifen, ein Werden, ein Vervollkommnen. Denn ich musste nichts aufgeben. Meine christlichen Überzeugungen sind bereits (sofern sie nicht verfälscht wurden) im islamischen Glauben enthalten. Wie konnte ich gegen meine eigenen Überzeugungen sein? Natürlich gab es feine Unterschiede, manches was eben nicht übereinstimmt, aber der Kern war absolut der gleiche. Dieser Streitpunkt über die Dreifaltigkeit Gottes war für mich nie ein solcher. Ich habe nie geglaubt, dass Jesus ein Gott von dreien ist, ich hab es immer als eine Metapher gesehen. Gott hat Jesus als einen besonders reinen Menschen erwählt, der seine Prüfungen und seinen Auftrag am besten bestehen und ausführen konnte. Dass Jesus wohl kaum von Gott, der kein Mensch ist, gezeugt worden sein konnte, war für mich sonnenklar und logisch. Wir alle sind Gottes Geschöpfe ohne Ausnahme. ***** ***** ***** ***** ***** Nun ist eben neben Jesus noch ein weiterer, der wichtigste, Prophet zu meinem Glauben hinzugekommen. Der beste Mensch, den sich Gott auserwählt hat zum Verkünden seiner letzten Religion: Mohammed. Der Islam hat vieles konkretisiert, was das Christentum unter Jesus im Vagen hielt. Es gibt ganz konkrete Handlungsanweisungen, die einem, wenn man sich an sie hält, das Wohlwollen Gottes bescheren wird. Gottes Plan, 3 Religionen auszurufen, hat ganz sicher seinen Sinn. Und gleichzeitig ist es eine gewaltige Prüfung für uns alle. Denn jeder einzelne glaubt, seine Religion ist die einzig richtige. Doch alle kommen von Gott, nur zu unterschiedlichen Zeiten. Woran wollen wir Menschen festhalten? An formalen Namen, nur um zu dieser oder jener Gruppierung gehören zu können, oder an den tatsächlichen Inhalten? Dann gäbe es für jeden von uns nur eines: sich Gott zu ergeben, ihm zu dienen. Und die besten Arten, ihm dienen zu können, zeigt uns der Islam. Die anderen Religionen können an sich nicht falsch sein, stammen sie doch von Gott, falsch ist manches, was die Menschen daraus im Laufe der Zeit gemacht haben, die Inhalte verdreht haben, falsch interpretiert oder einfach weggelassen haben. Die beste Anleitung zum gottgefälligen Leben sehe ich daher im Islam, der aller durch Menschenhand gemachten Fehler der beiden Religionen korrigiert und die Offenbarungen Gottes vervollkommnet und leider auch abschließt. Denn danach wird nichts weiter kommen als der Tag der Abrechnung. Daher bin ich unendlich froh, dass ich zwar spät, aber nicht zu spät die Wahrheit erkennen durfte. Der rechte Weg ist zwar ein steiniger, aber zumindest ist er klarer erkennbar geworden für mich. Natürlich ist mein Leben nicht perfekt und ich mache Fehler, aber ich weiß, Gott will mich den richtigen den geraden Weg führen, und daher werde ich nicht aufhören, gegen mein Nafs anzukämpfen, um seine Prüfungen bestehen zu können in schah allah. Das wünsche ich allen meinen Mitmenschen. |