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Mein Weg zum Islam von Heike

Ich bin eine deutsche Islamkonvertitin. Vor fast 13 Jahren nahm ich den Islam an – etwa 4 Jahre nach dem Übertritt meiner Mutter und meines Stiefvaters (beide deutsch). Ich bin also deutsche Muslima in zweiter Generation, worauf ich (schwachsinnigerweise) ein bisschen stolz bin. Als Kind wurde ich nicht getauft, weil mein leiblicher Vater ein leidenschaftlicher Atheist war und auch heute noch ist. Die Tatsache, dass wir nun alle zum Islam konvertiert sind, erscheint ihm als ein Symptom fortgeschrittener Verblödung. Er ist – wie viele Deutsche – davon überzeugt, dass es unmöglich ist, einer religiösen Gemeinde anzugehören, ohne sein kritisches Denkvermögen eingebüßt zu haben. Obwohl ich ihn nicht davon überzeugen kann, weiß ich doch inzwischen ganz gut, daß dies keineswegs so ist, denn auch nach langjährigem Moslemdasein gibt es gottseidank immer noch viele Dinge, über die ich mich richtig aufregen kann. Nur bin ich inzwischen imstande, zwischen islamischer Lehre und der Praxis meiner Glaubensgeschwister zu unterscheiden, so dass sich mein Protest nicht gegen den Koran, sondern gegen das Verhalten anderer Muslime richtet, die anderen ihre Ansichten und Prioritäten aufdrücken wollen. 

Als ich unterwegs war, wünschte sich meine Mutter ein rothaariges Mädchen (als was ich mich auch tatsächlich herausstellte), das sie ‚Christiane’ nennen wollte. Ein Name, in dem das Wort ‚Christ’ vorkam, war für meinen Vater aber indiskutabel. Außerdem wollte er einen Jungen. „Es wird ein Junge, und der heißt ‚Molotov’!!“ beharrte mein Vater bis zum Schluß, so dass sie sich erst einige Tage nach der Geburt schließlich auf den Namen ‚Heike’ einigen konnte. Das bedeutet
soviel wie ‚Hausfrau’ oder ‚Hausherrin’ habe ich mal wo gelesen, und die Bedeutung sagt mir sehr zu, da ich mich zur Stubenhockerin berufen fühle. Mit der Idee, meinen Namen nach meiner Annahme des Islams in einen arabischen zu ändern, habe ich mich nie anfreunden können. Im Koran heißt es, die Vielfalt unserer Farben und Sprachen sei ein Zeichen Gottes, und wenn, wie es an anderer Stelle heißt, eines Tages tatsächlich ‚Scharen von Menschen’ den Islam annehmen, wird es irgendwann etwas unübersichtlich werden, wenn sich auf jedem Quadratkilometer unsereres Planeten 37 Aischas, 26 Fatimas und 43 Mariams tummeln... (meine Tochter heißt übrigens auch ‚Mariam’ – ähäm!, das hat aber seine Gründe ...). Der Hauptgrund ist aber eigentlich, dass ich nicht das Gefühl hatte, mit meinem Übertritt zum Islam in irgendeiner Weise meine Identität geändert zu haben.

Meine Mutter war immer ein religiöser Mensch gewesen, allerdings praktizierte sie eine typisch christliche (protestantische?) Religiosität, d. h. ihr Glaube war für sie eine Angelegenheit, die man mit sich selbst abmacht. Die Folge war, dass ich mich eigentlich nicht daran erinnern kann, in meiner frühen Kindheit irgendetwas von der Existenz Gottes erfahren zu haben. Im Nachhinein denke ich, dass das nicht unbedingt das Schlechteste war, jedenfalls brauchte ich mich so später nicht von eigentümlichen anerzogenen Gottesvorstellungen zu befreien. Ich bin davon überzeugt, dass es im Westen weniger Atheisten und Agnostiker gäbe, wenn nicht die meisten Menschen schon als Kinder pervertierte Lehren eingetrichtert bekommen hätten, die im tiefsten Widerspruch zu ihrem Gewissen und gesunden Menschenverstand stehen. Der Trick besteht darin, einfach das Wort „Gott“ umzudefinieren, anstatt Seine Existenz zu leugnen.

Mit sechs Jahren brachte mir eine katholische Freundin das Vaterunser bei. Komischerweise kann ich mich heute nicht mehr daran erinnern, was dies damals für mich bedeutete und ob ich auch zuhause zu beten begann.  Obwohl ich in religiösem Sinne ein ‚unbeschriebenes Blatt’ war, hatte ich zweifellos schon als Kind spirituelle Erfahrungen, die in engem Zusammenhang mit der Natur standen. Das von Goethe erwähnte ‚Stirb und Werde’ war mir schon in früher Kindheit ein Begriff. Ich besuchte seit Ende der Grundschulzeit regelmäßig den christlichen Religionsunterricht, und hatte auch schon einige Male eine Kirche von innen gesehen – nicht seltener und nicht häufiger wohl als andere durchschnittliche, dem Namen nach protestantische Kinder meines Alters. Denn meine Mutter ließ sich von meinem Vater scheiden, als ich erst sechs Jahre alt war, und meine Großeltern, zu denen ich engen Kontakt hatte, waren relativ religiös. Beides hat mich aber nie sonderlich beeindruckt. Als ich jedoch etwas älter wurde, bemerkte ich, dass sich bei mir jedes Mal ein seltsames Unwohlsein einstellte, wenn von der Erlösung durch das Blut Jesu die Rede war. Erstens konnte ich diese Lehre hinten und vorne nicht nachvollziehen, und zweitens erschien mir die ganze Atmosphäre meist aufgesetzt. Besonders erinnere ich mich an diese von mir als unecht empfundene Fröhlich- und Freundlichkeit der Leute in einem babtistischen Kindergottesdienst, den ich mit meiner Freundin einige Male besuchte, und auf einer von Methodisten organisierten Jugendfahrt, als ich siebzehn war. Die teils katholischen, teils protestantischen Lehrer, die ich im Religionsunterricht hatte, waren mir zwar zum Teil sympathischer, dafür hatte ich aber nie das Gefühl, dass einer von ihnen wirklich auch nur zu, sagen wir achtzig Prozent hinter seinem Glauben gestanden hätte. Ich habe also, wenn ich es mir recht überlege, nur unangenehm fanatische oder selbst an  ihrem Glauben zweifelnde Christen kennen gelernt.

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